top of page
AutorenbildDr. med. Marian Howaldt

Erektionsstörungen: Kein Tabuthema, sondern ein häufiges Krankheitsbild.

Eine kurze Abhandlung über Prävalenz, Ursachen und Therapiemöglichkeiten.


Erektionsstörungen, auch bekannt als erektile Dysfunktion, betreffen Männer jeden Alters und können für Betroffene sehr belastend sein, da sie sich oft in ihrer Männlichkeit beeinträchtigt sehen. Viele Männer betrachten ihre Fähigkeit, eine Erektion zu bekommen und aufrechtzuerhalten, als ein Zeichen ihrer körperlichen und sexuellen Gesundheit sowie ihrer Potenz.

Eine Tabuisierung, welche immer noch mit sexuellen Themen verbunden ist, insbesondere mit solchen, die als "männliche" Themen angesehen werden, trägt zur Scham bei. Männer können sich unsicher und verletzlich fühlen, wenn sie über ihre Erektionsprobleme sprechen müssen, besonders wenn sie befürchten, dass sie als "unmännlich" angesehen werden könnten. Auch schwingt oft Angst mit, dass ihre Partnerin oder ihr Partner sie verurteilen oder sich von ihnen abwenden könnten, wenn sie hier ihre Schwierigkeiten offenbaren.


Dabei muss das Thema keinesfalls schambehaftet sein, da die Erektionsstörung ein häufiges Krankheitsbild darstellt. Die Prävalenz von Erektionsstörungen in Deutschland variiert je nach Altersgruppe und Studie. Eine Studie aus dem Jahr 2018 ergab, dass etwa 20% der Männer im Alter von 18-29 Jahren Erektionsstörungen erleben, während die Prävalenz auf über 50% bei Männern über 50 Jahren ansteigt.

Eine ältere Studie aus dem Jahr 2000 ergab ähnliche Ergebnisse, mit einer Prävalenz von Erektionsstörungen bei etwa 20% der Männer im Alter von 30-80 Jahren.

Es ist jedoch hervorzuheben, dass die Prävalenz von Erektionsstörungen mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschätzt wird, da viele Männer aus Scham oder aus Angst vor Stigmatisierung keine Hilfe suchen oder ihre Symptome bei Befragung nicht angeben.


Aus diesem Grund sollte ein bewusster und enttabuisierter Umgang mit Erektionsstörungen in der Öffentlichkeit geschaffen und Männer dazu ermutigt werden, sich bei einer/m Urologin/ Urologen vorzustellen, um eine individuelle, ausführliche Beratung/Diagnostik zur professionellen Therapieeinleitung zu erhalten.


Voraussetzung der Einleitung einer effektiven Behandlung ist eine gründliche urologische Diagnostik. Ich möchte zunächst die häufigsten Ursachen von Erektionsstörungen sowie die verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten nach aktuellem wissenschaftlichem Stand vorstellen und zusammenfassend diskutieren.


Leiden Sie an einer Erektionsstörung? Zum Selbst-Test geht's hier lang.


Ursachen von Erektionsstörungen

Erektionsstörungen können durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, darunter körperliche und psychische Ursachen sowie eine Kombination aus beiden. Körperliche Ursachen von Erektionsstörungen können Erkrankungen wie

- Diabetes,

- Bluthochdruck,

- Herzerkrankungen und

- hormonelle Störungen (z.B. Testosteronmangel)

zugrunde liegen. Darüber hinaus können Erektionsstörungen auch durch bestimmte Medikamente, Alkohol und Drogen oder neurologische Erkrankungen verursacht werden.


Psychische Faktoren, wie Stress, Angst, Depression und Beziehungsprobleme, können ebenfalls eine Rolle bei Erektionsstörungen spielen. In einigen sehr seltenen Fällen stellen Erektionsstörungen auch ein Symptom für eine zugrunde liegende psychische Erkrankung wie Schizophrenie oder bipolare Störung dar.


Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Erektionsstörungen hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Eine umfassende medizinische Untersuchung durch ein/e Urologen/in ist notwendig, um die Ursache zu identifizieren und die bestmögliche Behandlung zu finden. Im Folgenden sind einige der aktuellen Behandlungsmöglichkeiten aufgeführt:

  1. Veränderungen des Lebensstils als Basismaßnahme: In einigen Fällen können Veränderungen des Lebensstils dazu beitragen, Erektionsstörungen nachhaltig zu verbessern. Dies umfasst eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, Gewichtsabnahme und den Verzicht auf Tabak, Drogen und Alkohol.

  2. Medikamente: Es gibt eine Reihe von Medikamenten, die zur Behandlung von Erektionsstörungen eingesetzt werden können. Phosphodiesterase-5-Inhibitoren wie Sildenafil (Viagra), Tadalafil (Cialis) und Vardenafil (Levitra) sind die bekanntesten und am häufigsten verschriebenen Medikamente. Diese Medikamente verbessern den Blutfluss zum Penis, was zu einer Erektion führt. Sie sollten nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, da sie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben können. Weiterhin sollten unbedingt Herz-/ Kreislauferkrankungen ausgeschlossen, bzw. behandelt sein, bevor ein Therapieversuch gestartet wird. Von Selbstversuchen ohne vorherige urologische Konsultation rate ich dringend ab.

  3. Hormontherapie: Bei Männern mit einem niedrigen Testosteronspiegel kann eine Hormontherapie hilfreich sein. In Form von Injektionen, Gelen oder Pflastern kann diese dazu beitragen, das sexuelle Verlangen und die Erektionsfähigkeit zu verbessern. Eine frühe Diagnose ist für eine erfolgreiche Therapie von großer Bedeutung. Hinweise auf einen Testosteronmangel geben oft bereits andere Symptome im Vorhinein und bleiben dennoch unerkannt. Hierzu folgt demnächst aufgrund des Umfangs ein eigener Artikel.

  4. Penisinjektionen: Alprostadil ist ein Medikament, das direkt in den Penis injiziert wird, um eine Erektion zu erzeugen. Dies kann eine wirksame Behandlung für Männer sein, die nicht auf andere Behandlungen ansprechen. Hierzu ist eine professionelle urologische Diagnostik und Aufklärung im Voraus von großer Bedeutung. Von Behandlungen von nicht fachärztlicher Seite rate ich aufgrund hoher Nebenwirkungsraten/Risiken dringend ab!

  5. Penisprothesen: In einigen Fällen kann eine Penisprothese chirurgisch eingesetzt werden, um eine Erektion zu erzeugen. Dabei sollten zuvor alle anderen Möglichkeiten ausgenutzt worden sein. Es gibt generell zwei Arten von Penisprothesen: halbstarre und aufblasbare. Bei einer halbstarren Prothese ist der Penis immer in einer nahezu aufrechten Position, während bei einer aufblasbaren Prothese der Penis auf Knopfdruck aufrecht gepumpt wird.

  6. Psychotherapie: Wenn psychische Faktoren eine Rolle bei Erektionsstörungen spielen, kann eine Psychotherapie hilfreich sein. Dies kann in Form von Einzel- oder Paartherapie erfolgen und kann helfen, Beziehungsprobleme zu lösen, Stress abzubauen und das Selbstvertrauen zu stärken.


Wie Erektionsstörungen meistens behandelt werden (nach T. Braun et al.)

Internationale Leitlinien

Die Behandlung von Erektionsstörungen wird durch internationale Leitlinien unterstützt, die von Organisationen wie der American Urological Association (AUA) und der European Association of Urology (EAU) entwickelt wurden. Diese Leitlinien empfehlen eine umfassende medizinische Untersuchung, um die zugrunde liegende Ursache der Erektionsstörung zu identifizieren. Die Leitlinien empfehlen auch, dass eine gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen dem Arzt und dem Patienten stattfinden sollte, um die beste Behandlung zu wählen.


Männer, die Phosphodiesterase-5-Inhibitoren einnehmen, sollten regelmäßig überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Medikamente sicher und wirksam sind. Männer, die eine Hormontherapie erhalten, sollten ebenfalls regelmäßig überwacht werden, um sicherzustellen, dass der Testosteronspiegel im richtigen Bereich liegt.


 

Fazit


Erektionsstörungen können durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden und es ist wichtig, die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren, um eine geeignete Behandlung zu finden. Eine umfassende medizinische Untersuchung durch den/die Urologen/-in ist notwendig, um die beste und vor allem passende Behandlung zu wählen. Es gibt eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich Veränderungen des Lebensstils, Medikamenten, Hormontherapie, Penisinjektionen, Penisprothesen und Psychotherapie. Internationale Leitlinien unterstützen die Behandlung von Erektionsstörungen und betonen die Bedeutung einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Arzt/Ärztin und dem Patienten.


Es gibt auch Schritte, die Männer ergreifen können, um das Risiko von Erektionsstörungen zu reduzieren. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sollten vermieden werden, da sie das Risiko in diesem Bereich erhöhen können. Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung können auch zu einer Risikoreduktion beitragen.


Insgesamt ist die Identifizierung der zugrunde liegenden Ursache von Erektionsstörungen gemeinsam mit einer/ einem Urologin/ Urologen der Schlüssel zur erfolgreichen Behandlung. Noch einmal hervorheben möchte ich, dass Männer keine Scham empfinden müssen, sondern sich ermutigt fühlen sollen, über dieses Problem zu sprechen, und Hilfe von einer Urologin/einem Urologen zu suchen. Mit den richtigen Untersuchungen und Behandlungen können Erektionsstörungen erfolgreich behandelt werden und Männer können ein erfülltes Sexualleben genießen.


Leiden Sie an einer Erektionsstörung? Zum Selbst-Test geht's hier lang.



Quellen, welche Grundlage für obigen Artikel waren, bzw. für eine weitere Recherche zu Rate gezogen werden können:


  • T. Braun et al., "Epidemiology of erectile dysfunction: results of the 'Cologne Male Survey'," International Journal of Impotence Research 15, no. 6 (2003): 309-315.

  • F. Giuliano et al., "Prevalence of erectile dysfunction in France: results of an epidemiological survey of a representative sample of 1004 men," European Urology 42, no. 4 (2002): 382-389.

  • C. G. Stief et al., "Erectile dysfunction: a guide to diagnosis and management," Deutsches Ärzteblatt International 111, no. 39 (2014): 639-650.

  • E. A. Jannini et al., "Prevalence and incidence of erectile dysfunction in Italy," Journal of Sexual Medicine 4, no. 4 Pt 1 (2007): 1109-1116.

  • R. Rosen et al., "Epidemiology and prevalence of erectile dysfunction," Journal of Urology 175, no. 3 Pt 2 (2006): S3-S7.


Allgemeine interessante Quellen zu Erektionsstörungen und ihrer Behandlung, sowie Leitlinien:



Titelbild: Image by Freepik



Commentaires


bottom of page