Inkontinenz bei Frauen ist ein häufiges Problem, welches die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Aufgrund von Schamgefühlen der Betroffenen, kommt es häufig zu einer verzögerten Diagnose und damit auch verspäteten Therapie. Ein früheres Gegenlenken kann dabei oft drastischere Therapieoptionen verhindern.
Es gibt verschiedene Ursachen/ Risikofaktoren für die Entwicklung einer Inkontinenz. Hierunter fallen vor allem eine Schwangerschaft, Geburt, hormonelle Veränderungen im Zusammenhang mit der Menopause, Gewichtszunahme und der natürliche Alterungsprozess. Allerdings leiden auch junge sportliche Frauen häufiger unter Inkontinenz, z.B. bei high-impact Sportarten und der daraus resultierenden starken Belastung auf den Beckenboden. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten, die Frauen helfen können, ihre Blasenkontrolle wiederzuerlangen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Ich möchte in diesem Artikel hierzu einen Überblick über wissenschaftlich anerkannte Therapiemöglichkeiten geben.
Beckenbodentraining
Beckenbodentraining ist eine einfache und effektive Methode zur Verbesserung der Blasenkontrolle. Diese Übungen zielen darauf ab, die Muskeln zu stärken, die die Blase unterstützen und die Harnröhre im richtigen Moment verschließen. Damit das Beckenbodentraining effektiv wirken kann, sollte vorher eine urologische Abklärung/Diagnostik mit anschließender Therapieplanung und Weiterleitung an eine speziell hierfür geschulte Osteopathie-/Physiotherapieeinrichtung erfolgen.
Elektrische Stimulation (Biofeedback)
Elektrische Stimulation ist eine weitere Methode, die zur Verbesserung der Blasenkontrolle eingesetzt werden kann. Hierbei wird nach urologischer Diagnostik ein Gerät verwendet, das elektrische Impulse an die geschwächten Muskeln sendet und so die Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur unterstützt. Dies kann insbesondere bei Frauen wirksam sein, die Schwierigkeiten haben, ihre Beckenbodenmuskeln gezielt zu aktivieren.
Medikamentöse Therapie
Es gibt auch verschiedene Medikamente wie z.B. anticholinerg wirkende Präparate die zur Behandlung von einigen Arten der Inkontinenz eingesetzt werden können. Diese Medikamente zielen darauf ab, die Blasenmuskulatur zu entspannen oder die Aktivität des Detrusormuskels zu reduzieren, der für die Blasenentleerung verantwortlich ist. Allerdings haben diese Medikamente auch mögliche Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Verstopfung oder Blutdrucksenkung. Wichtig ist, dass die genaue Art und Schwere der Inkontinenz vor dem Einsatz von Medikamenten urologisch diagostiziert wird. Ein unbedachter Einsatz kann hierbei ungewollte Folgen haben.
Botulinumtoxin (Botox)
Botulinumtoxin ist eine weitere wichtige Behandlungsoption, die bei schweren Fällen von Inkontinenz eingesetzt werden kann. Hierbei wird Botulinumtoxin in die Blasenwand injiziert, um die überaktive Blasenmuskulatur zu entspannen. Diese Methode ist jedoch invasiv und sollte nur in schweren Fällen in Betracht gezogen werden oder dann, wenn die sonst verwendeten Medikamente aufgrund von Nebenwirkungen nicht vertragen werden. Eine intravesikale Botoxbehandlung hält in der Regel 6-12 Monate an. Dabei wird das Toxin verdünnt an vielen Stellen im Rahmen einer Blasenspiegelung direkt in den Blasenmuskel gespritzt. Voraussetzung für diesen Eingriff ist eine ausführliche urologische Diagnostik und auch eine Beratung und Aufklärung, bei der offene Fragen in Ruhe besprochen werden können.
Pessare
Ein Pessar ist ein kleines, flexibles Gerät, das in die Vagina eingeführt wird, um die Blase zu stützen und die Inkontinenz zu reduzieren. Pessare werden in der Regel von Urologen und Gynäkologen oder einer Krankenschwester angepasst und eingesetzt.
Operation
In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Inkontinenz zu behandeln. Es gibt verschiedene Arten von Operationen, je nach Art und Schweregrad der Inkontinenz. Einige der häufigsten Operationen sind:
Blasenhalsbandoperation: Hierbei wird ein Band um die Harnröhre gelegt, um den Blasenhals zu stützen und die Inkontinenz zu reduzieren.
Kolposuspension: Bei diesem Verfahren wird die Blase angehoben und an Ort und Stelle gehalten, um eine verbesserte Blasenkontrolle zu ermöglichen.
Lifestyle-Veränderungen
Lifestyle-Veränderungen können auch helfen, die Symptome von Inkontinenz zu reduzieren. Dazu gehören eine gesunde Ernährung und Gewichtsabnahme, da Übergewicht den Druck auf die Blase erhöhen kann. Auch das Rauchen und der Konsum von Alkohol und koffeinhaltigen Getränken können die Blasenfunktion beeinträchtigen und sollten daher reduziert oder vermieden werden.
Alternative Therapien
Es gibt auch alternative Therapien wie Akupunktur, die bei der Behandlung von Inkontinenz eingesetzt werden können. Obwohl es einige Hinweise darauf gibt, dass diese Methoden wirksam sein können, gibt es derzeit keine ausreichenden wissenschaftlichen Beweise, um ihre Wirksamkeit zu bestätigen.
Pflege und Selbstmanagement
Inkontinenz kann auch durch eine Reihe von Pflege- und Selbstmanagement-Techniken behandelt werden. Dazu gehören:
Verwendung von Inkontinenzprodukten: es gibt eine Vielzahl von Produkten wie Einlagen und Vorlagen, die Frauen mit Inkontinenz helfen können, ihre Symptome zu managen und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Blasentraining: das von einem Urologen therapeutisch angeleitete regelmäßige Einhalten von Zeitplänen und das Verlängern der Zeit zwischen Toilettengängen kann helfen, die Blasenkontrolle zu verbessern.
Fazit
Inkontinenz bei Frauen ist ein sehr häufiges Problem, das die Lebensqualität beeinträchtigen kann. Dadurch, dass es auch häufig mit Scham verbunden ist, ist gerade bei jüngeren Frauen die Dunkelziffer unnötig hoch. Glücklicherweise gibt es eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten, die Frauen helfen können, ihre Blasenkontrolle zu verbessern und ihre Symptome zu reduzieren. Eine Kombination aus verschiedenen Therapien, einschließlich der Verwendung von Inkontinenzprodukten, Beckenbodenübungen, Medikamenten und Veränderungen des Lebensstils, kann erfolgreich sein. In schweren Fällen kann auch eine Operation erforderlich sein. Es ist sehr wichtig, mit einer Urologin oder einem Urologen über dieses Thema zu sprechen, um die am besten geeignete Therapieoption für jeden individuellen Fall zu finden.
Hier sind einige Quellen, die in diesem Artikel verwendet wurden, bzw. zurate gezogen werden können, wenn eine weitere Recherche gewünscht wird:
Hunskaar S. et al. Prevalence, incidence and remission of urinary incontinence in women: longitudinal data from the Norwegian HUNT study (EPINCONT). BMC Urol. 2013;13:27. doi: 10.1186/1471-2490-13-27.
Hay-Smith J, Berghmans L, Burgio K, et al. Adult conservative management. In: Abrams P, Cardozo L, Wagg A, Wein A, eds. Incontinence: 6th International Consultation on Incontinence. Paris, France: ICUD-EAU; 2017:621-746.
National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases. Urinary incontinence in women. Updated October 2017. https://www.niddk.nih.gov/health-information/urologic-diseases/urinary-incontinence-women
Visco AG, Brubaker L, Nygaard I, et al. The role of preoperative urodynamic testing in stress-continent women undergoing sacrocolpopexy: the Colpopexy and Urinary Reduction Efforts (CARE) randomized surgical trial. Int Urogynecol J. 2008;19(5):607-614. doi:10.1007/s00192-007-0511-3.
Anger JT, Weinberg AE, Albo ME, et al. Trends in surgical management of stress urinary incontinence among female Medicare beneficiaries. Am J Obstet Gynecol. 2010;202(5):505.e1-505.e6. doi:10.1016/j.ajog.2010.02.029.
Chughtai B, Kavaler E, Lee R, Te A. Use of adult absorbent products for the management of urinary incontinence: results of a multinational survey. Int J Clin Pract. 2015;69(12):1501-1505. doi:10.1111/ijcp.12710.
Shamliyan T, Wyman JF, Ramakrishnan R, et al. Benefits and harms of pharmacologic treatment for urinary incontinence in women: a systematic review. Ann Intern Med. 2012;156(12):861-874. doi:10.7326/0003-4819-156-12-201206190-00436.
National Institute for Health and Care Excellence (NICE). Urinary incontinence and pelvic organ prolapse in women: management. NICE guideline [NG123]. Published December 2019. https://www.nice.org.uk/guidance/ng123
Diese Quellen bieten eine umfassende und aktuelle Übersicht über das Thema Inkontinenz bei Frauen und können für weitere Informationen gut herangezogen werden.